So erstattest Du Anzeige

Wenn Du eine Straftat bemerkst, ist es wichtig, schnell zu handeln: Dann können die Täter*innen möglicherweise festgenommen und Beweise gesichert werden. Richter*innen können Täter*innen nur bestrafen, wenn genügend Beweise vorliegen. Deshalb: Wer eine Straftat konkret beobachtet, sollte sofort unter der kostenlosen Telefonnummer "110" die Polizei rufen.

Wenn es nicht so eilig ist, sollten wichtige Informationen aufgeschrieben (z.B. Tatort und -zeit, Beschreibung der Täterin oder des Täters) oder gegebenenfalls ein Foto gemacht werden. Diese Informationen helfen der Polizei später bei ihrer Arbeit.

Es ist Aufgabe der Polizei, alles zu verfolgen, was ihr gemeldet wird. Jede Tat, die angezeigt wird, muss die Polizei aufnehmen und eine Akte an die Staatsanwaltschaft schicken. Nur die Staatsanwaltschaft prüft die Rechtslage, nicht die Polizei. Eine Polizistin oder ein Polizist kann niemanden wegschicken und sagen, sie oder er hätte Wichtigeres zu tun.

Anzeige erstatten kann bei der Polizei jeder – auch ein Kind. Ob Du anrufst oder zur Polizeiwache gehst, ist ganz egal. Wer eine Tat melden möchte, kann auch an Polizei oder Staatsanwaltschaft einen Brief schreiben. Die Anzeige ist an keine Form gebunden. Auch einer anonymen Meldung muss die Polizei nachgehen.

Wenn Du die Nummer "110" anrufst und sich später alles als gar nicht so schlimm herausstellt, brauchst Du nichts befürchten. Die Polizistin bzw. der Polizist am Telefon entscheidet, was getan wird. Nur: Aus Spaß anrufen darf man nicht. Du musst der Polizei nicht sagen können, dass beispielsweise jemand eine Volksverhetzung begangen hat. Es reicht zu sagen, was Du beobachtet oder gehört hast. Normalerweise wird die Polizei dann handeln.

Wenn es trotzdem vorkommt, dass die Polizei eine Anzeige nicht ernst nimmt und Dich wieder nach Hause schicken will, solltest Du nach dem Grund dafür fragen, weshalb sie nicht aktiv wird. Außerdem hast Du das Recht, Dir den Namen der/des Polizeibeamt*in sagen zu lassen. Dann kannst Du die ganze Angelegenheit der Staatsanwaltschaft melden. Denn kommt es tatsächlich einmal vor, dass sich Polizist*innen nicht um die Anzeige kümmern, können sie sich selbst wegen Strafvereitelung im Amt strafbar machen. Die Polizei darf zwar sagen, dass sie nicht glaubt, dass die Anzeige Erfolg haben wird. Aufnehmen und an die Staatsanwaltschaft weiterleiten müssen sie die aber in jedem Fall. In aller Regel wird das auch so gemacht.

Die Polizei kann Dich auch nicht mit der Begründung abweisen, dass nur direkt Betroffene die Tat anzeigen können. Es gibt zwar Straftaten, wie zum Beispiel Beleidigungen, die nur auf Antrag der Geschädigten bestraft werden können (sogenannte Antrags-Delikte). Aber die Anzeige eines anderen müssen die Beamten trotzdem aufnehmen und verfolgen. Vielleicht erstatten die Betroffenen selbst noch Anzeige. Oder die Staatsanwaltschaft stellt fest: Das war nicht nur eine Beleidigung, sondern sogar eine Volksverhetzung. Dafür ist kein solcher Strafantrag der Geschädigten erforderlich.

Du kannst bei der Anzeige sagen, dass Du über den weiteren Verlauf des Verfahrens informiert werden möchtest. Falls Du trotzdem nichts mehr hörst – einfach bei der Staatsanwaltschaft nachfragen. Wenn Du Dir bei der Polizei gleich das Aktenzeichen geben lässt, kannst Du leichter nachforschen.

Wenn Du selbst Opfer einer Straftat geworden bist, kannst Du Dich von einer Anwältin bzw. einem Anwalt beraten lassen. Bei bestimmten Delikten mit schwereren Folgen (Körperverletzung, Nötigung oder auch schwere Fälle von Mobbing) kannst Du sogar als Nebenkläger*in im Prozess auftreten. Wer kein Geld hat, kann dafür Prozesskostenhilfe beim Gericht beantragen. Außerdem bestehen möglicherweise Schadensersatzansprüche gegen die Täter*innen. In gravierenden Fällen wird dem Opfer durch das Gericht in jedem Fall eine Anwältin bzw. ein Anwalt beigeordnet.

Zusatzinfo

Die Stiftung "Contra Rechtsextremismus" des Deutschen Anwaltvereins übernimmt die Kosten für Rechtsberatung und Rechtsvertretung von Opfern rechtsextremistischer oder politisch motivierter Gewalttaten, sofern sie bedürftig sind. Damit soll sichergestellt werden, dass die Opfer in ihrer psychischen Notlage schnell und ohne bürokratische Hürden den notwendigen Rechtsrat und -beistand erhalten. anwaltverein.de/de/stiftung-contra-rechtsextremismus